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Kukuun is still alive
Ohne übertreiben zu wollen, ohne ins Schwelgen zu geraten, ohne Herzschmerzkacke und Gänsehaut – kann auch nach zwei Tagen retrospektiver Betrachtung auf das vergangene Wochenende nicht berichtet werden.
Was war geschehen? Vor Wochen verbreitete sich die Kunde auf St. Pauli und weit darüber hinaus wie ein Lauffeuer: das Kukuun sollte ein Tribute-Wochenende erfahren. Zwei Tage lang sollte man wieder in den ursprünglichen Räumlichkeiten am Spielbudenplatz mit bester Sicht über selbigen feiern, tanzen, schauen und staunen können. Fünf Jahre lang war das Kukuun Anfang der 2000er der Hotspot des Kiez. Es war ein Garant für feier- und tanzbare Musik, für Ausstellungen, für Styler und solche, die es werden wollten – und es eigentlich waren, sobald sie diesen Laden betraten, der jeder und jedem offen stand und schnell zum Herzensraum wurde.
Im Juni 2008 musste es an dieser einmaligen und fantastischen Örtlichkeit geschlossen werden, doch bereits im Winter des selben Jahres fand man ersatzweise Räumlichkeiten in der Talstraße. Für den gemeinen Kukuun-Liebhaber war dies jedoch einfach nicht das gleiche.
Am vergangenen Wochenende also sollte man wieder die kleine, schmale Wendeltreppe empor steigen dürfen und noch einmal so feiern wie vor wenigen Jahren. Die Spannung war groß, die Vorfreude ebenso und es hatte ein klein wenig den Anmut, als hätte man Steve Rubell sein legendäres Studio 54 zurück gegeben – zumindest für zwei Nächte. Die Gäste kamen in Scharen, um zum einen die Ausstellung „Ihr Bild hängt schief“ von Olav Wittenberg, Thomas Volgmann und Julia C. Staron zu sehen und natürlich um wieder zu tanzen und IHR Kukuun – übrigens mit fantastischem Barpersonal und Knaller-Musikbeschallung – zu feiern.
Und jetzt? Was nun? Der Morgen danach, die Kunstwerke sind wieder abgehängt, der Tresen samt der Kühlschränke wieder verstaut, die Räume wieder: leer! Leer! Bereits am Wochenende fragten sich viele, warum die Räumlichkeiten nicht weiter genutzt würden. Sie sind ideal, zentral gelegen, bieten Platz für Ausstellungen, Veranstaltungen, für eine Symbiose aus Kunst, Kultur und Party mitten auf St. Pauli. Das Gebäude würde in absehbarer Zeit abgerissen werden, ein neuer Mietvertrag nicht ausgestellt werden. Könnte man die Party denn nicht bis zum bitteren Ende einfach weiter feiern? Künstlern bis dahin die leerstehenden Räume zur Verfügung stellen? Der Kukuun-Familie eine Interimslösung anbieten?
Und mit vor Pathos nur so strotzenden Worten bleibt lediglich: Ruhe sanft, Kukuun. Wir werden Dich immer im Herzen tragen und haben Dich am vergangegen Wochenende wohl endgültig zur vorerst letzten Ruhe getragen.
Es sei denn, ja, es sei denn…
Liebeserklärung im Laufschritt
06.00 Uhr. Der Wecker wird liebevoll mit einem Handschlag zur Ruhe gebracht. Nur nicht noch einmal umdrehen, sonst besteht die Gefahr der Rückkehr der Gedanken in die noch bis soeben genossene transzendentale Ebene und der Körper stellt sich erneut auf Tiefschlaf ein. Besser: die müden Knochen mit Schwung aus dem warmen, weichen Nest schwingen, Turnhose, T-Shirt, Treter an die Füße und den Kiez laufenderweise begrüßen. Wir sind auf St. Pauli.
Fast ruhig liegt sie da, die Talstraße, vielleicht nicht das Herzstück, aber dennoch ein wichtiger Muskel des Stadtteils. Nur ein paar ihrer des Nachts selten schlafenden Bewohner versuchen noch den letzten, einsamen, stark alkoholisierten Touristen zu überreden, den beginnenden Tag nicht allein, sondern gegen einen kleinen Obolus in Gesellschaft zu verbringen. Das Ergebnis bleibt im Verborgenen, denn schon erstreckt sich die Silbersackstraße vor des Läufers Blickfeld und man erinnert sich noch an das letzte Bier am gestrigen Abend das man zur Feirabendstunde, noch ohne Touristen, bei Erna trank. Auch das ist St. Pauli.
Verschlafen liegt auch der Hein-Kölisch-Platz da und motiviert zu den ersten Leibesertüchtigungen des Tages in Form eines Hindernislaufs um zerschlagene Glasflaschen und anderen Unrat herum. Man nimmt es ihm nicht übel, er trägt keine Schuld.
Die metallenen Palmen des Park Fiction reflektieren die ersten Sonnenstrahlen und lassen erahnen, dass es ein schöner Tag in der hanseatischen Elbstadt werden wird.
Dank Brückenschlag bleibt es einem erspart, an Fußgängerampeln zu warten und man kann sofort und ungehindert den Weg entlang des Elbestroms in Richtung des alten Fischumschlagplatzes fortsetzen.
Einen respektvollen Blick wirft man an der Madonna der Seefahrt empor, als man sie umrundet und den Rückweg parallel des Flußlaufes antritt, um sich am Ende der Promenade den Treppen in Richtung Kiez zu stellen. Zurück ins Herz von St. Pauli
Bernhard-Nocht-, Erich-, Davidstraße – sie werden vor den Augen des Betrachters von den guten Seelen der Stadtreinigung wieder auf paulianischen Hochglanz gebracht – gereinigt, ja, aber bitte nicht zu etepetete, man ist auf St. Pauli! Und auch der penibelste Tourist kann dem Charme dieser alten Dame nicht erliegen, wenn es hier plötzlich glänzt wie am Jungfernstieg.
Die Morgenzeitung wird einem nicht durch einen fröhlichen älteren Herren vom Kiosk zugeworfen mit den Worten: „Wie immer? Ich schreibs auf!“ Nein, auch nach dem zigsten Mal erfragt man diese höflich und nur das wissende Glitzern in den Augen des Verkäufers zeigt dem Einheimischen, dass man hier bekannt ist. Nur bitte nicht zu vertraut – ist ja schließlich St. Pauli.
Und so trabt man die letzten Meter, den ersten Blick auf die Titelseite werfend, zurück in die geliebten vier Wände.
Guten Morgen, St. Pauli!
Kukuun is still alive
Ohne übertreiben zu wollen, ohne ins Schwelgen zu geraten, ohne Herzschmerzkacke und Gänsehaut – kann auch nach zwei Tagen retrospektiver Betrachtung auf das vergangene Wochenende nicht berichtet werden.
Was war geschehen? Vor Wochen verbreitete sich die Kunde auf St. Pauli und weit darüber hinaus wie ein Lauffeuer: das Kukuun sollte ein Tribute-Wochenende erfahren. Zwei Tage lang sollte man wieder in den ursprünglichen Räumlichkeiten am Spielbudenplatz mit bester Sicht über selbigen feiern, tanzen, schauen und staunen können. Fünf Jahre lang war das Kukuun Anfang der 2000er der Hotspot des Kiez. Es war ein Garant für feier- und tanzbare Musik, für Ausstellungen, für Styler und solche, die es werden wollten – und es eigentlich waren, sobald sie diesen Laden betraten, der jeder und jedem offen stand und schnell zum Herzensraum wurde.
Im Juni 2008 musste es an dieser einmaligen und fantastischen Örtlichkeit geschlossen werden, doch bereits im Winter des selben Jahres fand man ersatzweise Räumlichkeiten in der Talstraße. Für den gemeinen Kukuun-Liebhaber war dies jedoch einfach nicht das gleiche.
Am vergangenen Wochenende also sollte man wieder die kleine, schmale Wendeltreppe empor steigen dürfen und noch einmal so feiern wie vor wenigen Jahren. Die Spannung war groß, die Vorfreude ebenso und es hatte ein klein wenig den Anmut, als hätte man Steve Rubell sein legendäres Studio 54 zurück gegeben – zumindest für zwei Nächte. Die Gäste kamen in Scharen, um zum einen die Ausstellung „Ihr Bild hängt schief“ von Olav Wittenberg, Thomas Volgmann und Julia C. Staron zu sehen und natürlich um wieder zu tanzen und IHR Kukuun – übrigens mit fantastischem Barpersonal und Knaller-Musikbeschallung – zu feiern.
Und jetzt? Was nun? Der Morgen danach, die Kunstwerke sind wieder abgehängt, der Tresen samt der Kühlschränke wieder verstaut, die Räume wieder: leer! Leer! Bereits am Wochenende fragten sich viele, warum die Räumlichkeiten nicht weiter genutzt würden. Sie sind ideal, zentral gelegen, bieten Platz für Ausstellungen, Veranstaltungen, für eine Symbiose aus Kunst, Kultur und Party mitten auf St. Pauli. Das Gebäude würde in absehbarer Zeit abgerissen werden, ein neuer Mietvertrag nicht ausgestellt werden. Könnte man die Party denn nicht bis zum bitteren Ende einfach weiter feiern? Künstlern bis dahin die leerstehenden Räume zur Verfügung stellen? Der Kukuun-Familie eine Interimslösung anbieten?
Und mit vor Pathos nur so strotzenden Worten bleibt lediglich: Ruhe sanft, Kukuun. Wir werden Dich immer im Herzen tragen und haben Dich am vergangegen Wochenende wohl endgültig zur vorerst letzten Ruhe getragen.
Es sei denn, ja, es sei denn…
Liebeserklärung im Laufschritt
06.00 Uhr. Der Wecker wird liebevoll mit einem Handschlag zur Ruhe gebracht. Nur nicht noch einmal umdrehen, sonst besteht die Gefahr der Rückkehr der Gedanken in die noch bis soeben genossene transzendentale Ebene und der Körper stellt sich erneut auf Tiefschlaf ein. Besser: die müden Knochen mit Schwung aus dem warmen, weichen Nest schwingen, Turnhose, T-Shirt, Treter an die Füße und den Kiez laufenderweise begrüßen. Wir sind auf St. Pauli.
Fast ruhig liegt sie da, die Talstraße, vielleicht nicht das Herzstück, aber dennoch ein wichtiger Muskel des Stadtteils. Nur ein paar ihrer des Nachts selten schlafenden Bewohner versuchen noch den letzten, einsamen, stark alkoholisierten Touristen zu überreden, den beginnenden Tag nicht allein, sondern gegen einen kleinen Obolus in Gesellschaft zu verbringen. Das Ergebnis bleibt im Verborgenen, denn schon erstreckt sich die Silbersackstraße vor des Läufers Blickfeld und man erinnert sich noch an das letzte Bier am gestrigen Abend das man zur Feirabendstunde, noch ohne Touristen, bei Erna trank. Auch das ist St. Pauli.
Verschlafen liegt auch der Hein-Kölisch-Platz da und motiviert zu den ersten Leibesertüchtigungen des Tages in Form eines Hindernislaufs um zerschlagene Glasflaschen und anderen Unrat herum. Man nimmt es ihm nicht übel, er trägt keine Schuld.
Die metallenen Palmen des Park Fiction reflektieren die ersten Sonnenstrahlen und lassen erahnen, dass es ein schöner Tag in der hanseatischen Elbstadt werden wird.
Dank Brückenschlag bleibt es einem erspart, an Fußgängerampeln zu warten und man kann sofort und ungehindert den Weg entlang des Elbestroms in Richtung des alten Fischumschlagplatzes fortsetzen.
Einen respektvollen Blick wirft man an der Madonna der Seefahrt empor, als man sie umrundet und den Rückweg parallel des Flußlaufes antritt, um sich am Ende der Promenade den Treppen in Richtung Kiez zu stellen. Zurück ins Herz von St. Pauli
Bernhard-Nocht-, Erich-, Davidstraße – sie werden vor den Augen des Betrachters von den guten Seelen der Stadtreinigung wieder auf paulianischen Hochglanz gebracht – gereinigt, ja, aber bitte nicht zu etepetete, man ist auf St. Pauli! Und auch der penibelste Tourist kann dem Charme dieser alten Dame nicht erliegen, wenn es hier plötzlich glänzt wie am Jungfernstieg.
Die Morgenzeitung wird einem nicht durch einen fröhlichen älteren Herren vom Kiosk zugeworfen mit den Worten: „Wie immer? Ich schreibs auf!“ Nein, auch nach dem zigsten Mal erfragt man diese höflich und nur das wissende Glitzern in den Augen des Verkäufers zeigt dem Einheimischen, dass man hier bekannt ist. Nur bitte nicht zu vertraut – ist ja schließlich St. Pauli.
Und so trabt man die letzten Meter, den ersten Blick auf die Titelseite werfend, zurück in die geliebten vier Wände.
Guten Morgen, St. Pauli!